Die Profiteure des Terrors by Markus Bickel

Die Profiteure des Terrors by Markus Bickel

Autor:Markus Bickel
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Westend Verlag
veröffentlicht: 2017-03-05T16:00:00+00:00


Die Türkei stellt Weichen

So wie der russische Kriegseintritt im September 2015 bedeutet auch die Syrien-Intervention der Türkei eine Zäsur. Unterstützt von Kampffliegern überquerten mehr als 20 Panzer im August 2016 auf breiter Front die türkische Südgrenze bei Dscharabulus. Syrischen Aufständischen ermöglichte der Einmarsch die Rückeroberung der 2013 vom Islamischen Staat eingenommenen Stadt. Die von der türkischen Führung seit Entstehung der Freien Syrischen Armee immer wieder geforderte Einrichtung einer Schutz- oder Pufferzone im eigenen Grenzgebiet wurde damit Realität. Die USA, aber auch europäische NATO-Partner der Türkei wie Deutschland hatten diese immer abgelehnt – mit der Begründung, dass nicht genügend Ressourcen vorhanden seien, um diese militärisch gegen syrische Angriffe zu verteidigen. So aber hatte Ankara Fakten geschaffen, die auch für eine mögliche Nachkriegsordnung bedeutende Folgen haben könnten: Sollte es eines Tages zur Entsendung einer internationalen Schutztruppe kommen, um die Konfliktparteien auseinanderzuhalten, werden türkische Einheiten eine entscheidende Rolle spielen.

Mittelfristig aber hat der türkische Präsident Erdo˘gan mit der Invasion etwas anderes erreicht: Der letzte Korridor, den der Islamische Staat bis dahin im Norden Syriens noch hielt, um aus der Türkei Nachschub zu erhalten, wurde geschlossen. Darauf hatte Washington lange gedrängt. Für die Kehrtwende in Erdo˘gans Syrien-Politik, die zunächst von der unter anderem konfessionell motivierten Gegnerschaft zum alawitischen Assad bestimmt war, gibt es zwei Gründe: Zum einen hatten IS-Kämpfer 2015 damit begonnen, auch in der Türkei Anschläge zu verüben – Hunderte Menschen sind seitdem in Ankara, Antalya, Gaziantep und Istanbul bei Selbstmordattentaten getötet worden. Zum anderen war es dem syrischen Ableger der von Erdo˘gan bekämpften und in Deutschland als Terrororganisation verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gelungen, sich zur wichtigsten Bodentruppe der internationalen Anti-IS-Allianz aufzuschwingen. Seit der Rückeroberung der Grenzstadt Kobane vom IS Anfang 2015 gelten die syrischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Washington als verlässlichster Partner im Kampf gegen die Dschihadisten.

Diese politische und militärische Aufwertung seiner Gegner durch die NATO konnte Erdo˘gan nicht recht sein. Deshalb hatte er bis zu seinem Richtungswechsel den IS in Nordsyrien nicht bekämpft, sondern ihn unterstützt. »Der Feind meines Feindes ist mein Freund«, lautete die Devise. Eine Politik, über die Deutschland als wichtigster europäischer Partner der Türkei stillschweigend hinwegschaute: Zu sehr schätzte man in Berlin, dass Ankara die EU mit der Unterbringung von mehr als zwei Millionen Kriegsflüchtlingen vor einem Massenansturm mittelloser Syrer bewahrt hatte, zumindest bis Sommer 2015. Doch das Stillhalteabkommen gab es nur zu einem hohen Preis: Aus Flüchtlingslagern und türkischen Dörfern im Grenzgebiet zu Syrien erlaubten Ankaras Geheimdienste und Grenzer IS-Kämpfern über Jahre freien Zugang ins Kampfgebiet; sie wurden in der Südtürkei mit Nachschub ausgestattet, ihre Verwundeten in türkischen Krankenhäusern medizinisch behandelt. Ohne die türkische Unterstützung, die zugleich gemäßigte Milizen in den nordwestsyrischen Provinzen Aleppo und Idlib schwächte, wäre der Aufstieg des IS außerhalb seiner Stammgebiete im Irak nie geglückt.

Während die Pipeline mit Waffen aus dem früheren Jugoslawien, die über Jordanien nach Südsyrien weitergegeben wurden, vor allem nichtislamistischen Gruppen zugutekam, landeten sie im Norden des Landes dank türkischer Unterstützung meist direkt in den Händen extremistischer Milizen. Erdo˘gans Linie war dabei klar: Eine kurdische Autonomieregion, wie sie die mit der PKK



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